Im Südosten nichts Neues

Auswärts in Rudow – kleine Nachbetrachtung eines Mitreisenden

Als Westberliner mag ich Fahrten in den geografischen Osten der Stadt nicht wirklich. Vorrangig wegen des weiten Weges zu den Treffpunkten. Eine dreiviertel Stunde allein zu einer fünfzehnminütigen gemeinsamen Fahrt zu gurken, das fetzt irgendwie nicht so. Umso schöner, wenn man am Treffpunkt eintrifft und die ersten bekannten Gesichter entdeckt. In diesem speziellen Fall erkannte ich zwar zuerst die Gesichter der Zivilpolizisten, aber man nimmt, was man kriegen kann. In typischer TeBe-Manier dauerte es auch an diesem Tag weit über die angepeilte Zeit bis der Mob komplett war. Unterstützt von verschiedenen Antifaschist_innen, Babelsberger_innen und weiteren Freund_innen ging es schließlich mit der U-Bahn zum brisantesten Gegner der letzten beiden Berlin-Liga-Jahre.

Von Beginn an machten auch die eingesetzten Beamt_innen klar, dass sie vor allem die erste Begegnung im Herbst 2011 nicht vergessen haben. Die von TeBe-Fans gebundenen Einsatzkräfte waren im Übrigen regionalligatauglich – als eines der wenigen Dinge an diesem Tag, die man positiv auslegen kann. Doch nicht nur TeBe-Fans wollten in den Gästeblock. Auch Julian B. – seines Zeichens wichtiges NPD-Mitglied in Neukölln – und drei weitere Personen versuchten ebenfalls ihr Glück am Gästeeingang. Sie wurden von unseren mitgebrachten Ordnern allerdings erkannt, abgewiesen und schließlich von Beamt_innen festgenommen.

Wie passend also, dass für dieses Spiel eine entsprechende Auswärtschoreografie vorbereitet worden war. Vor dem Anpfiff wurden noch schnell letzte Handgriffe an den Transparenten vorgenommen – immer unter den kritischen Blicken der anwesenden Polizist_innen, die mehr als einmal sicherstellten, dass Krawallmacher unter den Boruss_innen keine Pyrotechnik zünden. Unsere Banner haben es ihnen gedankt. Als die Mannschaften dann die nasse Nachbildung einer wunderschönen Wiese betraten, erhoben sich die Wörter: „Wir finden es vom Feinsten eure braune Welt bunt zu streichen!“, begleitet von Luftballons und Konfettikanonen. Wie notwendig eine solche Positionierung gegen Neonazis im Amateurfußball ist, zeigte unter anderem die Anwesenheit von Sebastian T. und Thomas S. im Rudower Fanblock. Außerdem konterten die TeBe-Fans damit ganz im Ultra-Stil das Transparent der Rudower aus, auf dem: „Unschöne Gegend? Rudow ist das schönste Dorf der Welt!“ zu lesen war. Man könnte meinen, wir hätten vorher Spione losgeschickt.

Früh in Unterzahl geraten überstand TeBe die erste Halbzeit ohne Gegentor, leider aber auch ohne ein eigenes. Die entspannte Stimmung im Stadion versuchten dann ein paar jugendliche Rudow-Fans zu zerstören. „Hooligänse? Die Jagd ist eröffnet!“, wurde in der Halbzeit auf der Gegenseite entrollt. Wobei der Effekt dieser Drohgebährde etwas unter der Tatsache litt, dass sich die Jäger während des Entrollens mehrmals unfreiwillig auf den Boden legten und so für reichlich Heiterkeit sorgten.

Fast hätte es trotz der Unterzahl dennoch für zumindest einen Punkt gereicht, denn auch in Abschnitt zwei konnten klare Torchancen des TSV weitgehend verhindert werden. Selber gelang es jedoch ebenso wenig, Gefahr zu entwickeln. In der Schlussphase geriet TeBe bei hohen Hereingaben dann doch noch etwas in Bedrängnis, und fünf Minuten vor Ende klingelte es dann doch noch Kynaß‘ Kasten – ärgerlich. Sportlich also ein unbefriedigender Nachmittag Während der Rudower Block mit „Lila-weiß ist schwul“-Gesängen noch einmal seine Beschränktheit unter Beweis stellte, machte zumindest der Stadionsprecher Hoffnung, indem er diese Aussagen umgehend rügte. Richtig so. Grün-weiß-rot ist halt auch schöner als Braun – bis es in Rudow keine Notwendigkeiten mehr zu solche Distanzierungen mehr geben wird und einem zur Stubenrauchstraße andere Attribute als „unschön“ einfallen, muss sich dort aber wohl noch vieles ändern.

Erfreulich immerhin, dass unser Team diese doch recht ärgerliche Pleite mittlerweile mittels eines fulminanten Sieges gegen die Füchse (ihrerseits zuvor 5:1 gegen Mahlsdorf erfolgreich!) vergessen machen konnte. Wenn so weitergespielt wird, sollte sich der Abstand zur Spitze weiter verringern lassen. Und der Vorsprung gegenüber dem TSV ohnehin. Am Wochenende steht jetzt erstmal der Pokal auf’m Programm. Ein Sieg gegen den durchaus sympathischen BSV Al-Dersimspor, und man stünde im Achtelfinale. Und dann mal schaun, was vielleicht noch so geht in diesem Wettbewerb.

Bis morgen im Mommse!