Niemand der 133 Zuschauer an der Kieler Waldwiese konnte nach dem Schlusspfiff ernsthaft von einem unverdienten Erfolg der Veilchenladies sprechen. Zu deutlich war die Dominanz TeBes über die Holstein Woman in den vorangegangenen 90 Minuten. Dennoch war es ein schwer erkämpfter Dreier für die Lila-Weißen. Nach langem Anrennen schaffte es erst Mannschaftkapitän Jessica Brückner acht Minuten vor dem Ende den Bann zu brechen und den goldenen Treffer zum 1:0-Sieg zu erzielen.
Die Geschichte des Spiels ist eigentlich schnell erzählt. Bereits in den ersten Momenten der Partie besaßen Aylin Yaren und Michaela Schulz Torchancen für TeBe. Doch sowohl Yaren, nach einem weiten Freistoß von Josefine Krengel, als auch Schulz, von Senem Özer bedient, zielten direkt in die Arme von Holsteins Torhüterin Fredericke Borreck.
Von Beginn an bestimmten die Borussinen das Geschehen auf dem Feld. Kiel konnte sich nur selten aus der eigenen Hälfte befreien und Angriffe starten. Dieses Bild sollte sich, bis auf eine Phase zwischen der 25. und 45. Minute, nicht ändern.
Jedoch erspielte sich TeBe trotz seiner Überlegenheit in der ersten Hälfte kaum Torchancen. Einzig zwei Distanzschüsse von Nadin Sandmann (22.) und Madleen Wilder (42.) waren zu verzeichnen. Dafür machten die Veilchenladies einfach zu wenig aus ihrem Ballbesitz. Vielen Spielerinnen merkte man die Angst vor eigenen Fehler an. Meist wurde dann der Ball schon von Höhe der Mittellinie hoch nach vorne gedroschen – ein paar Gebete hinterher, dass der Pass schon bei irgendwem ankommen würden. Nur selten tat er dies. Direkte Kombinationen mit flachen Abspielen durchs Mittelfeld trauten sich die Lila-Weißen nicht zu. Mit jedem weitern Ballverlust schwand noch ein bisschen mehr vom Selbstvertrauen. Manchmal hätte man sich in dieser Situation aufbauende Worte der lautstarken Kommentatoren am Spielfeldrand und der Tribüne gewünscht.
Die Gastgeber kamen vor dem Halbzeitpfiff lediglich einmal zum Torabschluss, sorgten dabei aber für große Gefahr. Bei einem Eckball sprang das Leder im Fünfmeterraum auf und mit Martina Pulkis kam ausgerechnet die kleinste Spielerin auf dem Platz an die Kugel. Zum Glück für TeBe erwischte sie den Ball nicht richtig und köpfte aus zwei Metern über die Querlatte. Torlos ging es in die Kabinen.
Mit Wiederanpfiff änderte sich das Geschehen auf der Waldwiese, die zunehmend einem Kartoffelacker glich, kaum. Weiter war es nur der Gast aus Berlin, welcher im Vorwärtsgang war. Im Gegensatz zur ersten Hälfte wurden die Angriffe nun auch ausgespielt. Vor allem über die rechte Seite mit Daniela Retkowski, Sandmann und der aus der Abwehr nachrückenden Krengel ging viel. Folgerrichtig ergaben sich nun vermehrt Torchancen. Die erste hatte Schulz schon nach wenigen Sekunden. Entlang der Außen- und der Grundlinie war sie in den Kieler Strafraum eingedrungen, wählte dann aber die eigensinnige Variante und verfehlte aus spitzem Winkel den langen Pfosten. Es sagt sich im Nachhinein leicht, aber ein Abspiel in die Mitte zu Kerstin Straka wäre wohl die bessere Wahl gewesen.
TeBe blieb jedoch am Drücker und sorgte weiter für Torraumszenen. Die nächste Möglichkeit hatte Straka im Anschluss an eine Flanke von Sandmann, doch Pulkis klärt zur Ecke. Dort zeigte dann die Kieler Keeperin Borreck eine von mehreren Unsicherheiten an diesem Tag, als sie den von Brückner getretenen Eckball fallen ließ und Straka aus dem Gewühl heraus mit einem Drehschuss über den Kasten zielte.
Überhaupt sorgten die von Brückner getretenen Standards immer wieder für Unruhe in den Kieler Defensivreihen. Nach etwa einer Stunde war es erneut Straka, die von einem Fangfehler Borrecks bei einem hohen Eckball profitierte. Strakas Stocherer wurde allerdings noch auf der Torlinie von einer Verteidigerin geklärt. Kurz darauf eine Dublette des Geschehens, doch abermals konnte Holstein den Ball im letzten Moment aus dem Strafraum dreschen. Weitere Kopfbälle von Yaren und Krengel wurden ebenfalls nicht im Netz untergebracht.
Mit den Torchancen bekamen die Veilchenladies wieder etwas Mut und Selbstvertrauen. Zwar ärgerten die vergebenen Möglichkeiten, doch es schien nur eine Frage der Zeit, bis der Führungstreffer fallen musste. Zumal mit der Einwechselung von Denise Neubauer der Druck auf Holsteins Abwehr anwuchs.
Wie es aber so oft ist, wenn eine Mannschaft keinen Profit aus ihrer Feldüberlegenheit ziehen kann, wäre das Spielgeschehen in der 65. Minute beinahe auf dem Kopf gestellt worden. Bei einem Konter der Kielerinnen tauchte plötzlich Sandra Bannas frei vor Kerstin Prusas im Tor von TeBe auf. Mit einer hervorragenden Parade konnte die Keeperin den Volleyschuss zur Ecke abwehren.
Nach dieser Schrecksekunde für die Borussinen brachte Kiel jedoch keine weiteren Chancen zustande. TeBe setzte den Sturmlauf auf das Holstein-Gehäuse fort. Ausnahmsweise per Flachschuss wurde Borreck in der 77. Minute geprüft, hielt aber diesmal den Versuch von Straka sicher.
Kurz darauf fiel, wie bereits erwähnt, in der 82. Minute der entscheidende Treffer. Franziska Liepack war an der Strafraumgrenze gefoult worden, Schiedsrichterin Schultz entschied zu Recht auf Freistoß. Brückner schnappte sich das Leder und beförderte es aus 20 Metern flach ins rechte Eck. Die Kieler Torhüterin lag zwar in ihrer Torwartecke, musste den Ball aber passieren lassen. Beim anschließenden Torjubel der Veilchenladies konnte man beinahe hören, wie die Steine von den Borussenherzen purzelten.
Auch die verbleibenden Minuten waren die Lila-Weiße im Angriff. Am Resultat ändert sich bis zum Schlusspfiff jedoch nichts mehr.
Wie schon gegen den 1.FC Union im DFB-Pokal am letzten Wochenende sorgte also ein später Treffer von Brückner für die Entscheidung. Für TeBe sowohl hinsichtlich der Moral, also auch der Tabellensituation ein wichtiger Erfolg. Es bleibt zu hoffen, dass die Mannschaft innerlich gestärkt aus der Partie hervorgeht. Gerade die zweite Halbzeit hat gezeigt, dass die Spielerinnen keine Angst vor der eigenen Courage zu haben brauchen. Fußballerisch gehören sie zu den besseren Teams der Liga. Behalten sie auf dem Feld die Ruhe, stecken kleine und größere Fehler auch mal weg, dann wird der Siegtreffer schon früher oder später fallen. Die Spiele gegen Union und Kiel haben es zuletzt bewiesen.
Kiel: Borreck – Pulkins (90. Mohr), Schrum, Wölki, Oberst – Preiß, Pashley, Güldenzoph, Krohn (87. Stelck) – Krause, Bannas
TeBe: Prusas – Retkowski, Krengel, Liepack, Wilder – Sandmann, Brückner, Özer, Yaren – Schulz (60. Neubauer) , Straka (85. Koop)
Tor: 0:1 (82.) Brückner
Gelb: Pashley (F)