So wirklich freuen konnte sich bei den Damen von TeBe niemand über den 2:1 (1:0) Erfolg bei Turbine Potsdam II. Zum einen weil der Sieg im Nachholspiel gegen überlegene Turbinen glücklich war. Zum anderen weil die drei Punkte zur Tabellenführung teuer erkauft wurden: Daniela Retkowski erlitt bei einem furchtbaren Zusammenpralle Mitte der ersten Halbzeit einen Schienen- und Wadenbeinbruch und wird wohl für sehr lange Zeit ausfallen.
Die Verletzung stellte den negativen Höhepunkt einer Reihe von Blessuren dar, die Spielerinnen in dem an sich nicht unfairen Match davontrugen. Auf dem tiefen Platz in der Potsdamer Waldstadt zeigten in der ersten Halbzeit beide Teams nur ansatzweise Fußball. Selten gelangen mehr als drei Pässe am Stück. So ergaben sich durch lasche Zuspiele immer wieder unnötige Zweikämpfe, die unter anderem zu den Verletzungen führte.
In der unruhigen Partie besaß TeBe die erste Tormöglichkeit. Denise Neubauer, nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Michaela Schulz (Karierende droht) neben Kerstin Straka im Sturm, erlief einen weiten Ball und marschierte Richtung Potsdamer Tor. Neubauer konnte zwar geblockt werden, Nadin Sandmann sicherte sich jedoch den Abpraller und bediente Jessica Brückner an der Strafraumkante, deren Schuss Torhüterin Maria Doll mit Unterstützung ihrer Abwehr klärte. Es sollte für lange Zeit die einzige Chance von TeBe bleiben.
Nach etwa fünf Minuten dann die erste größere Verletzung: Bei einem Luftduell stießen Josefine Krengel und Turbinen-Angreiferin Anne-Rose Lindner mit den Köpfen zusammen. Benommen wurden beide erst auf und dann neben dem Spielfeld behandelt. Während Krengel nach einigen Minuten mit einer mächtigen Beule auf der Stirn weitermachen konnte und sich über die restliche Spieldauer durchbiss, wurde Lindner mit der Diagnose ‚Gehirnerschütterung’ ins Krankenhaus gefahren.
Für Beruhigung des Spiels konnte die Unterbrechung allerdings nicht sorgen – im Gegenteil, die Partie wurde zusehends zerfahrener. Während TeBe keinen konstruktiven Spielaufbau zustande brachte, hatte Turbine etwas mehr vom Geschehen auf dem Platz. Nach einer Viertelstunde prüfte die für Lindner eingewechselte Franziska Hagemann das erste Mal Cordula Busack im Borussen-Tor. Der Schuss aus der zweiten Reihe kam jedoch direkt auf Mann und stellte keine Probleme dar. Gefährlicher war da schon ein Freistoß von Anna-Maria Ulbrich aus 18 Metern, den die Rechtsverteidigerin über die Mauer hinweg an die Querlatte setzte. Busack wäre bei dem platzierten Schlenzer machtlos gewesen.
An dieser Stelle ein kurzes Wort zum Schiedsrichtergespann um Kathrin Meingast: So ging nämlich nicht nur diesem Lattenfreistoß eine fragwürdige Entscheidung voraus. Regelmäßig zeigte das sichtlich unsichere Dreigestirn in die falsche Richtung, egal ob bei der Beurteilung von Zweikämpfen oder bei Einwürfen und sorgte damit für zusätzliche Konfusion. Später sollte dies auch Auswirkungen auf das Resultat haben.
Jedenfalls lieferte Turbine von zwei schlechten Teams heute die bessere Leistung ab. Auch Trainer Thomas Kandler sah seine Mannschaft „gegenüber der Vorwoche wie verwandelt“. Trotzdem wollten nach dem Aluminiumtreffer keine weiteren Großchancen gelingen. Josephine Schlanke versuchte sich nach 18 Minuten noch mal mit einem Distanzschuss, welcher aber ebenfalls in den sicheren Händen von Busack landete.
Kurz darauf die Schockszene des Spiels: Nach einem Einwurf auf Höhe des Strafraums von TeBe gingen Retkowski und Ulrike Fechner zum Ball. Beide zogen voll durch, Fechner traf mit voller Wucht das Leder, aber auch Retkowskis Schienenbein. Unter lauten Schmerzensschreien ging beide zu Boden. Sofort war klar, das es die Borussin dabei schrecklich erwischt hatte. Schon die erste Diagnose auf dem Spielfeld deutete auf einen Bruch hin. Mit dem Rettungswagen wurde die Abwehrspielerin ins Klinikum Ernst von Bergmann gefahren, wo sie zur Stunde mit einem Schienen- und Wadenbeinbruch operiert wird. Die allerbesten Genesungswünsche gehen mit diesem Zeilen an Dani!
Nach dieser fürchterlichen Verletzung und der fünfminütigen Unterbrechung taten sich alle Spielerinnen schwer wieder ins Geschehen zurückzufinden. Fußball war nur noch Stückwerk, nichts Zusammenhängendes. Es dauerte zehn Minuten bis sich die Teams wieder gefangen hatten und – auf jedoch weiterhin niedrigem Niveau – den Ball rollen ließen. Strakas Kopfball neben das Tor war dabei die erste Torraumszene (29.). Auf der anderen Seite zog Lea Notthoff bei einem Drehschuss aus acht Metern die Kugel über den Kasten (31.). Ebenso wie kurz darauf nach Ablage von Wiebke Balcke von der Strafraumgrenze (35.). Auch Monique Braun zielte von dort neben das Tor (39.) und ein Kopfball von Balcke im Anschluss an eine Ecke landete in den Armen von Busack (42.). Turbine kam also zu Möglichkeiten, allein der Ball wollte nicht hinter die Linie. Umso glücklicher der Führungstreffer für TeBe in der fünften Minute der Nachspielzeit. Mit einem der wenigen gelungenen Konter bediente Senem Özer die gestartete Neubauer. Im folgenden Zweikampf sahen dann wohl alle 80 Zuschauer im Stadion ein Foul von Neubauer an ihrer Gegenspielerin – bis auf die Schiedsrichterin. So kam die Angreiferin frei zum Abschluss, scheiterte beim ersten Versuch noch an Keeperin Doll, beförderte dann aber im zweiten Versuch den Ball ins verlassene Tor. Auch aufgrund dieser Szene sprach Turbine-Trainer Kandler von „einer ganz schwachen Schiedsrichterleistung. Das können sie ruhig auch so schreiben. Das war heute kein Niveau für diese Liga.“ Sein Kollege Sven Thoß auf Seiten von TeBe wiedersprach Kandler in dieser Sichtweise nicht, freute sich aber über den Treffer von Neubauer: „Ich hoffe, dass bei Denise jetzt der Knoten geplatzt ist.“
Denn nur fünf Minuten nach Wiederanpfiff war es erneut die junge Stürmerin, die mit dem zweiten Treffer TeBe auf die Siegerstraße brachte. Ihre Angriffspartnerin Straka hatte nach einer Kopfballstafette den Ball zu Neubauer verlängert, die sich gut gegen ihre Bewacherin durchsetzte und mit einem wuchtigen Flachschuss aus 25 Metern ins lange Eck traf.
Die Vorentscheidung war das 0:2 jedoch nicht, denn Turbine schlug postwendend zurück. Mit einem schönen diagonalem Flugball wurde die besonders in der zweiten Hälfte sehr agile Braun am Flügel freigespielt. Vom Strafraumeck konnte die Mittelfeldakteurin unbedrängt zum Torschuss kommen und mit einem unhaltbaren Abschluss in den Winkel Busack überwinden.
Die Partie war wieder offen und wurde fußballerisch zudem langsam ansehnlicher. Allerdings verlagerte sich das Geschehen immer mehr in die Spielhälfte der Gäste. Sowohl Braun (per Freistoß, 60.) und Schlanke (per Kopf, 67.) verfehlten das Ziel nur knapp. Auch ansonsten drängte Turbine auf den Ausgleich, bestimmte die Begegnung. TeBe war in der Defensive eingeschnürt und schaffte es nicht sich aus der Umklammerung zu befreien. Brückern mühte sich zwar als Regisseurin um Ordnung, hatte damit aber wenig Erfolg. Besonders über die Außen, auf denen Fechner und Braun nicht zu halten waren, kam immer wieder der Ball Richtung Tor von TeBe. So hatten die in Hellblau spielenden Lila-Weiße Glück, dass Fechner frei am Strafraumeck die Ballannahme verunglückte (73.) und sie danach mit einem Drehschuss neben das Tor zielte (77.).
Mit Hängen und Würgen kämpften die Borussinen gegen den Offensivdrang der Gastgeberinnen an. Durch die Einwechslung von Sabine Küpper wurde zudem die Defensive auch personell gestärkt. Nur noch irgendwie den Sieg über die Zeit retten, das war die Prämisse. In den Schlussminuten ergaben sich mit dabei sogar noch Kontermöglichkeiten: Straka schloss auf die Keeperin bzw. über das Tor ab, Neubauers Schlenzer aus spitzem Winkel hatte Doll im Nachfassen. Bis zum Ende stand der Auswärtssieg auf sehr wackligen Beinen. Entsprechend groß war die Erleichterung als nach 93 Minuten der Schlusspfiff ertönte.
„In der letzten Saison waren wir überlegen, haben aber 0:3 verloren. Heute lief es halt andersrum“, resümierte Trainer Thoß nach dem glücklichen Sieg. „Turbine war eigentlich über die gesamte Spielzeit besser und hat in den letzten 15 Minuten mächtig gedrückt. Man muss wiedermal die Moral meiner Mannschaft loben, die bis zum Ende gekämpft hat. Es ist doch deutlich zu merken, dass jetzt zum Ende der Hinrunde die Kräfte schwinden.“ Ähnlich sah es Trainer Kandler: „Wir haben heute unglücklich verloren. Der letzte Pass kam einfach nicht an. Deshalb haben wir auch nicht das zweite Tor gemacht. Ich kann meiner Mannschaft aber keinen Vorwurf machen.“
Mit dem Sieg sichert sich TeBe erneut die Tabellenführung, während Turbine auf dem vierten Tabellenplatz in die Winterpause geht. Auf die verdiente Pause muss TeBe hingegen noch warten, denn am nächsten Wochenende steht erneut ein Nachholspiel auf dem Plan. Am Sonntag ist um 14 Uhr der Hamburger SV II zu Gast im Mommsenstadion. TeBe könnte mit einem Erfolg den Vorsprung auf die Verfolger FC Gütersloh und Herforder SV ausbauen. Angesichts der dünnen Personaldecke – unter anderem wird Dauerbrenner Schulz aus medizinischen Gründen die Fußballschuhe an den Nagel hängen – allerdings alles andere als eine leichte Aufgabe. Derzeit stehen gerademal zwölf spielfähige Akteure, davon zwei Torhüterinnen, zur Verfügung.
Turbine II: Doll – Willers, Lüdtke, Schlanke, Ulbrich – Fechner, Notthoff, Schödel (65. Bagehorn), Braun – Lindner (12. Hagemann), Balcke
TeBe: Busack – Wilder, Krengel, Liepack, Retkowski (26. Koop) – Yaren (77. Küpper), Özer, Brückner, Sandmann – Straka, Neubauer
Tore: 0:1 (45+5.) Neubauer, 0:2 (50.) Neubauer, 1:2 (53.) Braun
Gelbe Karte: Busack