Am vergangenen Sonntag ist TeBe abgestiegen. Ein bitterer Tag für uns alle, und dennoch gab es einiges, was an diesem Nachmittag Hoffnung machte. Nicht zuletzt war das die von allen Seiten als angenehm empfundene Atmosphäre in der lilaweißen Kurve. Trotz zweier Abstiege in Folge war während des Spiels und nach Abpfiff ein Zusammenrücken von Verein und Fans und eine angesichts der Situation ungewöhnlich positive und friedliche Atmosphäre spürbar, die sich auch anschließend bei der „Verarbeitung“ des Abstiegs in diversen Bars und Biergärten im Umfeld des Stadions fortsetzte.
Nicht zuletzt beigetragen zu dieser einzigartigen Atmosphäre haben auch zahlreiche Freunde und Sympathisanten unseres Clubs von auswärts. Wir danken ausdrücklich den Anhängern diverser anderer Vereine, die teilweise weite Anreisen auf sich nahmen, um TeBe an diesem Nachmittag zu unterstützen, wie auch schon beim Hinspiel in Dresden. Viele von uns haben am Tag dieses sportlichen tiefsten Absturzes in der Vereinshistorie so intensiv wie selten gespürt, weshalb sie diesen Club trotz allem so sehr lieben. Während andernorts bereits ein Abstieg aus der 1. Liga Anlass für martialische Protestaktionen wie Platzstürme herhalten muss, flossen im lilaweißen Fanblock nach Abpfiff und dem Abstieg aus der fünften (!) Liga zwar viele Tränen, aber die handelsübliche Palette an Wutfanattitüde, Drohgebärden in Richtung der Spieler oder Wenn- ihr-absteigt-schlagen-wir-euch-tot-Gesänge blieb einem im JSP erspart. Auch Außenstehende nahmen das Flair als wohltuend anders wahr. Der Autor von fussballwurst.de beispielsweise beschrieb den TeBe-Anhang an diesem Nachmittag als „absolut liebenswerte und charismatische Familie“. Und wie sich im Tennis Court des Forums nachlesen lässt, gab es auch bei diesem Spiel wieder internationale Gäste in unserem Block, die sich dort absolut wohlfühlten.
Kurzum, vieles am vergangenen Sonntag machte Mut für die heftigen Herausforderungen, denen sich unser gebeutelter Club derzeit stellen muss. Während der Abstieg eher eine Trotzreaktion im Umfeld verursachte, warf allerdings ein Vorfall vom vergangenen Sonntag einen dunklen Schatten über die derzeit allenorts spürbare lilaweiße Aufbruchstimmung: In der Torstraße ereignete sich am frühen Abend eine gewaltsame und durch nichts zu rechtfertigende Attacke auf einen Gast des Café Burger, verübt durch zwei Besucher des TeBe-Spiels. Niemand kann sagen, mit welchen Verletzungen dieser Angriff geendet hätte, wenn dem Opfer nicht glücklicherweise andere Gäste aus dem Lokal zu Hilfe gekommen wären.
Ab diesem Zeitpunkt war das fröhliche – oder zumindest tröstliche – Miteinander der noch in der BAIZ befindlichen TeBe-Anhänger gelaufen. Zunächst sorgten erste vage Gerüchte über den Überfall für Fassungslosigkeit. Kurz darauf dann wurden die verbliebenen Besucher der BAIZ durch einen sehr unangenehmen Einsatz der berüchtigten EHU 23 heimgesucht – die Angreifer hatten zu diesem Zeitpunkt natürlich längst das Weite gesucht. Die noch anwesenden Gäste reagierten glücklicherweise absolut besonnen auf diverse Provokationen der Beamten, von denen einige ganz offensichtlich nur auf einen Vorwand für den Einsatz von Schlagstock und Pfefferspray warteten, der ihnen zum Glück nicht geliefert wurde. Dieser Teil des Abends wäre ein Thema für sich, soll an dieser Stelle aber nicht vertieft werden.
Nicht nur der Abend an sich nahm somit ein jähes und absolut unerfreuliches Ende, auch während der vergangenen Tage dominierte der Vorfall und der Versuch seiner Aufarbeitung die Diskussionen innerhalb der TeBe-Szene. Auch wenn die Angreifer eigentlich der Fanszene eines anderen Vereins angehören – an diesem Abend haben sie TeBe supportet, und somit können wir nicht so tun, als würde uns die Sache nichts angehen. Auch wenn die Stimmung vor der BAIZ mit Fortschreiten des Abends seitens einiger Besucher zunehmend in Richtung Mackergehabe kippte, auch wenn bereits im Stadion und vor der BAIZ Leute ziemlich aggro angegangen wurden, dafür, dass sie Fotos machten, war zu diesem Zeitpunkt absolut nicht absehbar, dass sich diese eher in betrunkenem Gepöbel äußernde Aggressivität wenig später ganz konkret an einem absolut Unbeteiligten entladen sollte.
Als Fanszene wurden wir während der vergangenen Jahre selber wiederholt Zielscheibe ähnlicher Angriffe und durften anschließend erleben, wie sich Clubs und Fanszenen in absolut beschämender Weise vor die Täter stellten, anstatt diese zu isolieren. Umso wichtiger ist es, nochmal ganz klar zu betonen, dass unsere Solidarität selbstverständlich dem Angegriffenen und keinesfalls den Tätern gilt. Die Tatsache, dass die Angreifer einer im gewissen Sinne „befreundeten“ Fanszene entstammen, ändert nichts daran, dass an dieser Tat absolut nichts zu relativieren, zu rechtfertigen oder zu beschönigen gibt. Auch Reflexe wie „so schlimm war es ja offensichtlich nicht, wenn der Angegriffene anschließend noch seine Lesung fortsetzen konnte“ sind eine untragbare Bagatellisierung und somit ein weiterer Schlag ins Gesicht des Angegriffenen, der wie gesagt Glück hatte, dass ihm andere Personen gegen die Angreifer zuhilfe kamen. Wir haben uns auch Sonntag über viele Besucher aus besagter Fanszene gefreut. Diese sind natürlich weiterhin willkommen bei uns. Die Täter jedoch sowie diejenigen, die sich vor diese und deren Tat stellen, wollen wir in unserer Kurve nicht mehr sehen und wir hoffen, dass selbige auch in ihrer eigenen Fanszene wirkungsvoll in die Schranken gewiesen werden.
Als Fanszene haben wir im vergangenen Herbst bewusst nicht an der Demo „Für den Erhalt der Fankultur“ teilgenommen, da wir der Meinung sind, dass sich die bundesdeutsche Fan- und Ultraszene viel zu stark in einen Opfermythos flüchtet, anstatt Probleme wie Rassismus, Sexismus, Chauvinismus, Homophobie und damit eng verknüpfte Phänmomene wie Gewaltaffinität zu reflektieren und wirksam zu bekämpfen. In unserer Fanszene waren wir bislang ziemlich erfolgreich darin, sowohl die Diskriminierung von Minderheiten als auch die Formierung testosterongesteuerter Männerbünde im Keim zu ersticken – beides hat keinen Platz innerhalb unserer Fanszene. Für den Überfall, der am Sonntag aus unserem erweiterten Umfeld heraus geschah, können wir uns beim Opfer nur entschuldigen und hoffen, dass er sich vom Schock dieses Angriffs aus heiterem Himmel gut erholt. Für uns hingegen gilt es wachsam zu bleiben, um das, was die Fanszene unseres Clubs bislang ausgezeichnet hat und wesentlicher Grund dafür ist, dass unser Club auch als Sechstligist von vielen noch innig geliebt wird, auch zukünftig zu bewahren. Es liegt an uns allen, dass das, was da in der Torstraße geschehen ist, ein Einzelfall bleibt.