Es gibt vermutlich nicht viele Spieler die von sich aus Jahre nachdem sie den Verein verlassen haben noch den Kontakt zu TeBe suchen. Junuz Coralic ist aber einer von diesen und von daher bot es sich an ihn ein wenig zu seiner Karriere und seiner Zeit bei TeBe in einem Interview zu befragen.
LILA KANAL: Was sind deine Stationen als aktiver Spieler gewesen und wie genau und warum kamst du zu TeBe?
JUNUZ: Ich habe in meiner Heimatstadt Tuzla in Bosnien mit 6 begonnen Fussball zu spielen.Das war Sloboda, ein Klub der ersten Liga in Jugoslavien. Schon mit 17 Jahren habe ich mit der ersten Männermannschaft trainiert. Im Sommer 1992 sollte ich dann meinen ersten Profivertrag unterschreiben, leider ist dann aber der Krieg ausgebrochen und meine Familie und ich kamen nach Berlin zu meinem Onkel. Ich konnte nicht glauben was passiert ist. Das war ein Schock
fur mich. Erst nach 6 Monaten habe ich wieder Lust bekommen Fussball zu spielen und machte ein Probetraining bei Türkyemspor (die waren damals das beste Team in der 3. Liga) wo ich dann einen Vertrag für ein Jahr bekam. Im Jahr 1994 bekamen die aber finanzielle Probleme und alle Spieler suchten sich einen neuen Verein. Ich kam über Jo Radakovic zum Probetraining bei den TeBe Amateuren die von Uwe Jahn trainiert wurden und er war von mir überzeugt und schon hatte ich meinen ersten Vertrag bei TeBe.
LILA KANAL: Was sind deine Highlights aus der Zeit bei TeBe, also an welche Ereignisse erinnerst du dich am liebsten und gab es auch negatives in deiner Zeit bei TeBe ?
JUNUZ: Es gab viele Highlights in der Zeit bei TeBe. Zum Beispiel mein erstes Spiel für die erste Mannschaft in Leipzig gegen Sachsen. Wir haben zur Halbzeit 0:3 hinten gelegen aber Ende 4:3 gewonnen. Da habe ich gleich ein Tor geschossen und war in der „Elf des Tages“. Dann der 3:0 Sieg gegen Union im vollen Mommsenstadion und natürlich auch der Aufstieg in die 2. Bundesliga. Der Regionalliga-Aufstieg mit den TeBe Amateuren war grandios. Negatives gab es leider auch: Der Abgang von Reiner Zobel (der hat mich von den Amateuren geholt und einen Profi-Vertrag gegeben) und als Hermann Gerland mich zu den Amateuren geschickt hat. Aber was ich nie vergessen werde ist als Gerland etwas aus meinem Vertrag gestrichen hat. Das war die grösste Trainer-Lüge meiner Karriere. Ich will nicht mehr darüber sprechen.
LILA KANAL: Das respektieren wir natürlich. Du hast ja in der als legendär geltenden Jaspert-Elf bei TeBe gespielt (TeBe Amateure) – was war aus deiner Sicht entscheidend für den grossen Erfolg (immerhin Aufstieg in der Regionalliga und Paul-Rusch-Pokal-Sieg) und den attraktiven Fussball den Ihr gespielt habt? War die Kameradschaft im Team wirklich so gross wie es nach aussen hin wirkte ?
JUNUZ: Wir haben damals gute Spieler gehabt die ohne Probleme auch in der ersten Mannschaft hätten spielen können. Aber ohne Robert Jaspert wären wir nicht so erfolgreich gewesen, da bin ich mir ziemlich sicher. Wir haben sehr, sehr harte Trainingseinheiten gehabt. Das wir Erfolg hatten spricht für seine Arbeit. Aber auch ausserhalb ist er ein grosser MENSCH. Ich wünsche ihm alles gute in seinem Leben. Natürlich war die Kameradschaft auch wichtig aber das war auch Robbies verdienst, weil er regelmässig mit uns gesprochen hat und uns selbstvertrauen gegeben hat.
LILA KANAL: Du bist ja dann später von TeBe in die USA gegangen. Wie kam es dazu und was machst du heute beruflich in den Staaten und spielst du noch aktiv Fussball!?
JUNUZ: Als ich im Jahr 2000 gesehen habe das es bei TeBe keine Perspektive mehr gibt hat mein damaliger Manager Falli Ramadani angefangen mir einen neuen Verein zu suchen. Es gab Anfragen aus manchen Regionalliga Teams. Dann hat mein bester Freund aus den USA Kontakt mit einem Mann gehabt der 15 Jahre in den USA Torhüter war. Er hat für mich in Atlanta einen Verein gefunden der in der 2. Liga spielt. Ich habe dort dann eine Saison gespielt. Im Anschluss hatten sich die Dallas Burn aus der Major League Soccer gemeldet und wollten mich verpflichten aber ich hatte keine Green Card und die hatten bereits 5 Ausländer (das ist das maximal erlaubte). In der zweiten Liga bezahlen die nicht gut, Fußball ist hier einer der letzten Sportarten. Viele Leute wissen überhaupt nichts über Fussball. In der zweiten Liga wird man nur so lange bezahlt wie die Saison dauert (6 Monate). So habe ich mir einen Job gesucht, weil ich eine Frau und zwei Kinder habe. Ich bin jetzt Manager in einem mailroom der auch nicht schlecht ist. Nur vermisse ich den Fussball so sehr. Vor 6 Monaten habe ich meine Green Card bekommen so das es vielleicht doch noch was wird, ich bin ja gerade erst 30 Jahre alt und kann mir vorstellen noch 5-6 Jahre Fussball zu spielen, das wäre schon super.
LILA KANAL: War das damals nicht seltsam für dich als du nach Atlanta gegangen bist ? Schliesslich warst du ja gerade erst ein paar Jahre in Deutschland hast dann nicht nur das Land sondern sogar den Kontinent gewechselt. Hat sich die Spielklasse oder die Art zu Spielen von der in Deutschland unterschieden ?
JUNUZ: Ich vermisse Europa sehr. Hier ist einfach alles anders. Fussball wird hier nie wie in Europa sein, weil 50% der Leute Fussball nicht mögen.
LILA KANAL: Hast du denn die Zeit über die du jetzt nicht als Spieler aktiv warst trainiert oder dich fit gehalten ? Mit 30 kann man ja wirklich noch ein paar Jahre auf hohem Niveau spielen so das es ja tatsächlich vielleicht nicht schlecht wäre wenn du nochmal selbst aktiv wirst. Vielleicht ja sogar in Japan als Spieler bei Robert Jaspert.
JUNUZ: Ja natürlich, ich bin immer aktiv. Ich trainiere jeden zweiten Tag und spiele in einer Amateur-Liga jeden Sonntag. Ich würde mich so freuen wieder unter Robert Jaspert arbeiten zu dürfen, egal wo.
LILA KANAL: Zum Abschluss noch die obligatorische „Fan-Frage“: TeBe hat ja schon immer relativ wenige, dafür aber um so engagiertere und friedlichere Fans gehabt. Wie hast du damals als Spieler die Unterstützung von den Rängen aufgenommen?
JUNUZ: Ich habe mich schon immer gewundert warum TeBe so wenig Fans hat. Aber ich muss sagen, die wenigen die da waren sind einfach Weltklasse. Ihr habt immer hinter uns gestanden, egal ob wir gewonnen oder verloren haben. Ich persönlich habe immer die Unterstützung der Fans gehabt, ich bekomme noch immer eine Gänsehaut wenn ich mich an die Rufe „Junuz Coralic Fussball-Gott“ erinnere. Ich werde euch nie vergessen und an dieser Stelle möchte ich euch danke sagen, Ihr seid einfach super.
Vielen Dank für die Zeit die du dir für das Interview genommen hast und von allen TeBe-Fans alles gute für deine Zukunft!
Anmerkung:
Junuz ist nach wie vor auf der Suche nach Bild-Material (Videos, Fotos) aus seiner Zeit bei TeBe, da leider alles beim Umzug nach Atlanta verloren gegangen ist. Wer noch entsprechendes Material hat möge doch bitte über die Regie Kontakt zu Junuz aufnehmen, er würde sich wirklich sehr freuen.