Fans von Tennis Borussia Berlin verurteilen Polizeieinsatz gegen friedliche Fußballfans im Bahnhof Hennigsdorf am vergangenen Freitag. Rechtliche Schritte gegen Einsatzkräfte eingeleitet
Am Freitag, dem 1. Dezember, kam es während der Rückfahrt von der NOFV-Oberliga-Partie Tennis Borussia Berlin vs. MSV Neuruppin zu einem völlig überzogenen Einsatz der Polizei gegen die AnhängerInnen von Tennis Borussia (TeBe) im Bahnhof Hennigsdorf. Ein Team des RBB machte zudem für die Sendung ‚Brandenburg aktuell‘ einen sensationsheischenden und tendenziösen Bericht, der die TeBe-Fans als RandaliererInnen darstellt. Am darauf folgenden Dienstag trafen sich viele der betroffenen TeBe-Fans und tauschten ihre Gedächtnisprotokolle und AugenzeugInnenberichte aus. Basierend auf diesen Erlebnissen möchten wir – stellvertretend für die aktive Fanszene von Tennis Borussia – folgenden Bericht zu den Ereignissen liefern. Wir stehen für Nachfragen gerne zur Verfügung.
Das Spiel war gewonnen und so waren der Anhang des Tennis Borussia Berlin e.V. in bester Stimmung, als der Regionalexpress der Linie 6 von Neuruppin nach Hennigsdorf betreten wurde. Ungefähr 40 TeBe-Fans verteilten sich im ersten Waggon des Zuges. Einige, die die Fahrt lieber ruhig ausklingen lassen wollten, setzten sich in den hinteren Zugteil. Von den überwiegend im vorderen Teil des Zuges verbliebenen Fans sangen ca. 15 Fans – oft nicht den Ton treffend, dafür aber laut und freudig. Ein paar klopften, den Takt gebend, mit ihren Händen gegen Verkleidungen im Zug. Bis auf einen Fahrgast, den der Gesang nicht störte, waren alle anderen Fahrgäste in diesem Teil des Zuges TeBe-Fans. Viele feierten, einige unterhielten sich, wieder andere erholten sich einfach – insgesamt eine absolut friedliche und keinesfalls bedrohliche Atmosphäre.
Nach ca. 20 Minuten Fahrt hielt der Zug außerplanmäßig an einem kleinen Bahnsteig (Beetz-Sommerfeld), ein paar TeBe-Fans bekamen mit, dass der Triebfahrzeugführer aus seiner Kabine gekommen war und mitteilte, dass er die Polizei gerufen hätte da zu laut gesungen und gegen die Verkleidung des Waggons geschlagen worden wäre. Der Zug stand etwa 10 – 15 Minuten an dem Bahnsteig und fuhr dann weiter. Der Schaffner kam aus dem hinteren Teil des Zuges und fragte, verwundert über den langen Zwischenhalt, nach dem Grund des Stopps. Beim Gang mit dem Schaffner durch den Waggon reklamierte der auch keinerlei Schäden.
Als der Zug im Bahnhof von Hennigsdorf einfuhr, schlug die Stimmung in Verwirrung und Verständnislosigkeit um. Auf dem Bahnsteig standen blau- und grün-uniformierte PolizistInnen verschiedener Einheiten herum – ca. 40 bis 50 an der Zahl (später dann teilweise mit Hunden). Nachdem zwei oder drei TeBe-Fans bereits aus der vorderen und einige aus der hinteren Tür des Zuges gestiegen waren, wurden die Wagentüren wieder verschlossen. Die schon Ausgestiegenen wurden am Bahnsteig festgehalten, der Rest wurde im Zug eingesperrt. Alle im Zug schauten mit besorgter, manchmal ängstlicher Miene aus den Fenstern auf die behelmte und furchteinflößende Exekutive. Erst nach und nach verbreitete sich unter den Fans die Nachricht, dass der Triebfahrzeugführer anscheinend die Polizei gerufen hatte, weil angeblich randaliert wurde und der Zug nun fahruntüchtig sei. Alle TeBe-Fans sollten nun einzeln nach draußen gehen, wo ihre Personalien kontrolliert und aufgeschrieben werden sollten.
Viele Polizisten – vor allem die blau gekleideten – taten sich in ihrem Einsatz durch eine schockierende Aggressivität und zum Teil auch Brutalität hervor, obwohl mehrere TeBe-Fans an die Einsatzkräfte appellierten, doch besonnen zu agieren. Einem TeBe-Fan wurde – mit anderen an einer offenen Zugtür stehend, bereit zum Aussteigen – unvermittelt und ohne jegliche Kommunikation von einem Polizisten mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Auf Anordnung der Polizei wurde die Tür vom Triebfahrzeugführer wieder verschlossen. Etwa 5 Minuten danach wurde der Zug von mit Knüppeln bewaffneten PolizistInnen gestürmt. Diese nahmen den zuvor geschlagenen Fan fest – unseres Erachtens mit unangemessener Härte, so wurde er mehrmals zu Boden geworfen, geschlagen und mit dem Gesicht zur Mauer eines Bahnsteighäuschens gedrückt. Später wurde einem anderen TeBe-Fan, der lediglich auf die Zugtoilette wollte und sich die gesamte Zeit friedlich verhielt, so brutal der Zugang zu derselben verwehrt, dass er jetzt mit hoher Wahrscheinlichkeit durch einen Kreuzbandriß viele Monate körperlich beeinträchtigt sein wird.
Auf dem Bahnsteig bildeten sich viele kleine Grüppchen von TeBe-Fans. Einige waren wütend und zornig, wurden aber, ehe sie die OrdnungshüterInnen zu sehr beschimpften, von anderen TeBe-Fans zurückgehalten, abgedrängt und beruhigt. Die Disziplinierung und Besonnenheit innerhalb der Fangruppe funktionierte auch in dieser extremen Stresssituation und über die gesamte Dauer der Polizeimaßnahme hindurch sehr gut.
Der Zug war als videoüberwacht ausgewiesen – die Videobänder werden bestätigen können, dass während der gesamten Fahrt von Neuruppin bis Hennigsdorf keinerlei Sachbeschädigungen seitens der TeBe-Fans begangen wurden. Hätte der Triebfahrzeugführer mit seinem Zugbegleiter gesprochen, wäre dieser Einsatz zu vermeiden gewesen. Hätte er oder der Zugbegleiter oder einer der anderen Fahrgäste direkt mit Fans gesprochen und ermahnt, wären etwaigen Aufforderungen zu mehr Ruhe im Zug Folge geleistet worden. Die TeBe-Fans, die im hinteren Zugteil in Ruhe abspannen wollten, hatten zu keinem Zeitpunkt den Eindruck gehabt, dass generell übermäßig laut auf die Inneneinrichtung gehämmert worden war. Wären einige PolizistInnen in ruhiger und besonnener Art und Weise durch den Zug gegangen, um etwaige Sachbeschädigungen zu inspizieren – sie wären ohne Ergebnis wieder hinausgegangen und hätten höchstens den Triebfahrzeugführer ermahnt, das nächste Mal bei ein wenig Lärm nicht überzureagieren. Es waren lediglich eine handvoll Fans, die friedlich den Auswärtssieg ihrer Mannschaft feierten – nicht mehr und nicht weniger.
Fassungslos sind wir allerdings nicht nur ob der Aggressivität der Polizei. Im Laufe der Maßnahme erschien auch ein Kamerateam des RBB und machte Aufnahmen vom Geschehen. In der Samstagsausgabe von ‚Brandenburg aktuell‘ wurde aus diesen Aufnahmen ein dreieinhalbminütiges Feature zusammengeschnitten, welches wir kollektiv nur als tendenziös und sensationslüstern bewerten können. Dargestellt wird, dass wir „randalierende Fußballfans“ wären, die Scheiben zerstört und Türen eingetreten hätten (mitgehörter Funkspruch der Polizei). In dem Beitrag wird nicht der technisch intakte Zug gezeigt – dafür aber der eine TeBe-Fan, wie er von Polizisten auf den Bahnsteig gepresst wird – ‚rbb aktuell’ berichtete in der Hauptausgabe des 2. Dezember (einzusehen unter http://www.rbb-online.de/meta/aktuell/2006-12-02-dunkel.smi). Die vollständigen Aufnahmen des RBB-Teams würden unsere Aussagen bestätigen.
Ein schöner Abend ging für viele TeBe-Fans hässlich zu Ende. Viele, die wir im Zug waren, sind nach wie vor schockiert und wütend. Wir hoffen, dass wir mit diesem ausführlichen Bericht die Vorverurteilungen gegen die beteiligten Fans entkräftet und der Wahrheit zur Geltung verholfen haben. Wir werden nicht unsere Angst und Frustration obsiegen lassen, die uns zu Untätigkeit und Rückzug aus dem aktiven Fanleben zwänge. Wir lassen uns nicht durch rbb-aktuell-Berichte, die Aggressivität von OrdnungshüterInnen oder irgendwelche Gerüchteküchen in die Randalierer-Ecke drängen! Wir hängen an dem Verein Tennis Borussia Berlin und wollen mit diesem Bericht auch den Verantwortlichen des Vereins und der Verbände zeigen, wie sich die Ereignisse in Hennigsdorf wirklich abgespielt haben.
Mehrere Betroffene haben nun Strafanzeige gegen unbekannt wegen falscher Verdächtigung und Körperverletzung im Amt gestellt. Die Fans von Tennis Borussia Berlin werden bereits auf der kommenden Auswärtsfahrt zum FC Hansa Rostock II reagieren und eine kleine Aktion zum Thema „Sicherheit“ darstellen und laden hiermit alle an der Realität interessierte JournalistInnen jedweden Mediums ein, an dieser Fahrt teilzuhaben und sich ein objektives Bild von der TeBe-Fanszene zu machen.
Zu weiteren Nachfragen, Stellungnahmen etc. stehen wir gerne zur Verfügung. Kontakt:
Norbert: il-nome@web.de