Ein Hauch von Bundesliga

… erwartet uns am Sonntag um zwei, wenn der SV Tasmania im Mommse aufkreuzt, der als Nachfolger des SC Tasmania 1900 dessen Legendenstatus als sympathischer Loserclub aus den Gründerjahren des Fußball-Oberhauses verwalten darf, hin und wieder aber offensichtlich doch Spaß am Siegen hat. Wie sich beispielsweise am vergangenen Sonntag zeigte, als man gegen den Berliner SC einen 0:4-Rückstand noch in einen 5:4-Erfolg verwandelte. Krass!

Dass die Neuköllner Kämpferqualitäten besitzen, haben sie in dieser Saison schon mehrfach bewiesen, und nach schwachem Saisonstart sind sie mittlerweile in der Liga angekommen und belegen einen Mittelfeldplatz. Mit drei Punkten Vorsprung vor Tennis sind sie allerdings auch noch nicht aller Abstiegssorgen ledig. Allzu gute Erinnerungen an das Hinspiel bestehen TeBe-seitig nicht, denn zum einen ging das Spiel mit 1:2 verloren, zum anderen taten sich Tas-Spieler durch ziemlich überflüssige Pöbeleien in Richtung der TeBe-Anhängerschaft hervor. Und auch Gästetrainer Abu Njie, mittelalten TeBe-Fans noch ein Begriff, neigt dazu, an der Seitenlinie gelegentlich ziemlich auszuflippen. Insofern darf man sich auf ein heißes Spiel einstellen, und auf eine Bewährungsprobe hinsichtlich der guten Vorsätze unserer Spieler, ihr Temperament etwas stärker im Zaum zu halten …

Infoveranstaltung im Casino

Zunächst gab es gestern im Mommse aber einen Hauch von Selbstreflektion. Nee, eigentlich klingt das zu negativ als Umschreibung der gestrigen „Infoveranstaltung“, denn es fand durchaus ein offener Austausch zwischen Anhängern, Mannschaft, Trainerstab und Vorstand statt. Ein wenig ambivalent war die Ausgangssituation für das Treffen ja schon: Da hatte sich wochenlang einiges an Frust angesammelt, der dringend nach einem Ventil suchte. Gleichzeitig war man durch das Gatow-Spiel ansatzweise wieder versöhnt und wollte daran glauben, dass dies keine Eintagsfliege, sondern der Auftakt zur Wende war. Insofern wollte man gute Ansätze nicht kaputtreden, und anstelle emotionaler Appelle an die Spieler gab es eher eine sachliche Diskussion über mögliche Ursachen des Absturzes, den die Mannschaft während der vergangenen Wochen durchgemacht hatte.

Markus Schatte machte in seinem Intro gar keinen Hehl daraus, dass die aktuelle Tabellensituation sehr enttäuschend und unterhalb seiner Erwartungen an das Team sei. Jetzt müsse man die Situation aber annehmen, gerade aufgrund der Tatsache, dass man in dieser Spielzeit mit 40 Punkten noch lange nicht gerettet sei, müssten noch einige Siege her.

Nicht überraschend kam in diesem Zusammenhang die bereits virtuell diskutierte Frage, ob der Trainer die Mannschaft denn noch erreiche. Er habe sich die Frage angesichts der jüngsten Talfahrt natürlich auch gestellt, antwortete Schatte, aber letztendlich könne er diese nicht beantworten, sie müsse an die Spieler gerichtet werden. Nachdem sich die Situation zunehmend verschärft hatte, habe er dies vor dem Gatow-Spiel getan – die Spieler sollten im Falle einer weiteren Niederlage untereinander besprechen, ob sie eine weitere Zusammenarbeit mit dem Trainerstab noch als erfolgversprechend genug im Kampf um den Klassenerhalt erachteten. Hierbei dürfe es nicht um etwaige Sympathien gehen, sondern lediglich um die sportliche Perspektive.

Vertrauensfrage auf dem Platz beantwortet

Die anwesenden Spieler (Benny Hendschke, Tom Kirstein, Okan Isik, Niklas Zimmermann, Daniel Bongartz, Ivica Vukadin, Younes Itri) bekundeten – und das wirkte überzeugend – ihre ausdrückliche Loyalität gegenüber dem Trainerteam, das aus ihrer Sicht nicht die Verantwortung für die Niederlagenserie trüge. Sie seien froh, dass sie in Gatow die richtige Antwort hätten geben können und auch überzeugt davon, dass man in den kommenden Partien daran werde anknüpfen können.

Da erstens die Sonne scheint und zweitens der TeBe-Stand auf dem Fest des Sieges (Treptower Park, ab 10 Uhr) wartet, handeln wir den Rest mal etwas stichpunktartiger ab:

Analyse: Aus Sicht von Trainerstab/Vorstand seien die Gründe für den Absturz vielfältiger Natur, wobei die schwierige personelle Situation die gewichtigste Rolle gespielt habe, was sehr zu Lasten der Offensivmöglichkeiten gegangen sei. Krumnow sei mit seiner Situation unglücklich gewesen und man habe ihm für den Wechsel keine Steine in den Weg legen wollen. Auch habe man fest darauf vertraut, dessen Abgang durch den gegen Ende der Hinrunde immer stärker gewordenen Tolentino gut kompensieren zu können. Die Sperren (Salhab, Isik) plus die unerwarteten „Abgänge“ (Tolentino nach Brasilien, Akgün gleich zweimal abgetaucht) seien dann nicht mehr verkraftbar gewesen. Der Verein sei sich in der Winterpause der drohenden personellen Engpässe bewusst gewesen, hätte es aber nicht verantworten können, Geld für Verpflichtungen in die Hand zu nehmen, das ihm nicht zur Verfügung stand. Im Falle eines erneuten Ausfalls des nach wie vor angeschlagenen Benny Hendschke erwägt das Trainerteam, Tom Kirstein oder Niklas Zimmermann in der Offensive aufzubieten.

Taktische Ausrichtung: Es kam die Frage auf, ob es nicht erfolgversprechender wäre, wenn das Team mit einer ähnlichen Ausrichtung wie beispielsweise Stern agieren würde, nämlich relativ tief stehend zunächst auf Sicherung bedacht. Aus Sicht des Trainerstabs ist dies keine Option, schon aufgrund der Tatsache, dass man nicht genügend schnelle Konterspieler im Aufgebot habe. Das Team täte sich zurzeit relativ schwer, klare Chancen zu erspielen, gerade deshalb sei es jedoch umso wichtiger, sich eine gewisse Dominanz zu erarbeiten, um überhaupt zu Möglichkeiten zu kommen.

Standards: Hier wurden mittels der geballten Fachkompetenz seitens der Fans verschiedene Varianten ins Spiel gebracht, um die man die vorhandenen ergänzen könnte. Die Debatte können wir an dieser Stelle leider nicht ausbreiten – Feind liest schließlich mit ;). Definitiv ist es aber Wunsch und Ziel des Trainerstabs, dass die Standards variantenreicher gestaltet werden, hier befände man sich in der Trainingsarbeit auf einem guten Weg.

Disziplinlosigkeiten: Einer der Hauptkritikpunkte der anwesenden Anhänger. Die betreffenden Akteure zeigten sich einerseits problembewusst, äußerten aber gleichzeitig, dass das auch eine Typfrage sei und Emotionen sich nicht immer unterdrücken ließen. Ob da wirklich der Wille bzw. die Fähigkeit vorhanden ist, das Problem abzustellen – so richtig wurde das nicht deutlich.

Planungen für die kommende Saison: Die Frage danach kam auf, nachdem Schatte in einem Nebensatz nur im Konjunktiv über seine TeBe-Trainertätigkeit in 2013/14 hatte. Schatte antwortete darauf, dass darüber einfach noch nicht gesprochen worden sei und ergänzte süffisant lächelnd, er wisse nicht, wie „die“ (sprich der rechts und links neben ihm sitzende Vorstand) darüber denken, und „die“ wüssten nicht, wie er darüber denke. Erstmal ginge es um die aktuelle Saison.

Finanzielle Situation: Laut Vorstand nach wie vor schwierig, was ja kein Geheimnis ist. Durch Nachforderungen der Berufsgenossenschaft habe sich die Situation noch einmal verschärft. Erfreulich sei, dass eventuelle Ausbildungsentschädigungen von Spielern, die vor 2003 ausgebildet wurden, mittlerweile an den Hauptverein gehen würden, hier habe man sich mit dem Jugendförderverein einigen können. Hinsichtlich eines Brustsponsors befinde man sich in permanenten Gesprächen mit potenziellen Kandidaten, dies gestalte sich aber nach wie vor kompliziert. Hin und wieder erhalte man positive Signale, aber zum Abschluss sei man bislang nicht gekommen. Natürlich arbeite man auch weiterhin mit Hochdruck an diesem Thema.

Fazit: Insgesamt ein angenehmer Austausch ohne sensationelle Erkenntnisse. Beruhigend ist, dass die Chemie sowohl innerhalb der Mannschaft als auch zwischen Mannschaft und Trainern nach wie vor zu passen scheint – die Spieler sind sich offensichtlich des Ernstes der Lage bewusst und auch willens, sich für den Klassenerhalt reinzuhängen. Ob sich hinsichtlich der Kartenproblematik wirklich was ändert, bleibt abzuwarten. Hinsichtlich der personellen Turbulenzen fällt auf, dass TeBe, auch wenn sich in dieser Hinsicht schon einiges gebessert hat, offensichtlich nach wie vor Magnet zu sein scheint für gewisse Problemkandidaten, die plötzlich von heute auf morgen keinen Bock mehr haben und dann spurlos verschwunden sind. Vielleicht sollte man diesen Aspekt bei zukünftigen Planungen noch ein wenige stärker im Auge haben, aber komplett sicher ist man vor sowas natürlich nie, erst recht nicht im Amateurfußball.

Unterm Strich scheint man trotz des schmalen Kaders jedoch gerüstet dafür zu sein, die notwendigen Punkte zum Klassenerhalt noch einzufahren und das möglichst zeitnah, hoffentlich gleich am Sonntag gegen Tas. Wir hoffen, ihr seid am Start!